Kennen Sie Ihre voraussichtliche Rentenhöhe? 42 Prozent der Rentner in Deutschland haben heute ein Einkommen von weniger als 1.250 Euro im Monat, 26 Prozent sogar unter 1.000 Euro. Gleichzeitig sinkt das sogenannte Rentenniveau – also das Verhältnis der Rente zum vorherigen Einkommen. Lag es 2009 noch bei etwa 52 Prozent, könnte es bis 2033 auf nur noch 44–45 Prozent absinken.
Die Zahlen sind deutlich: Allein auf die gesetzliche Rente zu setzen, ist riskant. Aber warum tun es dann trotzdem so viele? Und was bedeutet das für die Menschen, die heute mitten im Berufsleben stehen?
Das deutsche Rentensystem basiert auf einem Umlageverfahren: Wer arbeitet, zahlt mit seinen Beiträgen die Renten der älteren Generation. Jahrzehntelang funktionierte dieses Modell gut. Doch die demografischen Rahmenbedingungen haben sich massiv verändert.
- Immer weniger Einzahler: Die geburtenstarken Jahrgänge der Babyboomer gehen in den nächsten Jahren in Rente.
- Immer mehr Rentner: Menschen leben länger. Erstmal eine erfreuliche Nachricht, bedeutet aber auch längere Rentenbezugszeiten.
- Doppelte Belastung: Weniger Beitragszahler finanzieren mehr Rentner über eine längere Zeitspanne.
Die Folge: Das Rentenniveau sinkt, die Beiträge steigen – und trotzdem reicht es nicht, um den Lebensstandard später allein durch die gesetzliche Rente zu sichern.
Ein einfaches Rechenbeispiel macht den Unterschied deutlich: Wer heute 150 Euro im Monat spart, hat nach 30 Jahren bei einer Rendite von 4 % rund 103.000 Euro angesammelt. Bei 8 % Rendite sogar mehr als 212.000 Euro.
Warten Sie dagegen bis zehn Jahre vor der Rente, müssten Sie mehr als 700 Euro im Monat zurücklegen, um auf ein ähnliches Ergebnis zu kommen. Das bedeutet: Nicht die Höhe der Summe entscheidet, sondern der Zeitpunkt des Beginns. Wer früh anfängt, gewinnt durch den Zinseszinseffekt enorm.
Wer zwischen 1980 und 1996 geboren wurde, ist heute zwischen 29 und 45 Jahre alt – und steht mitten im Berufsleben. Das sind die Jahrgänge, die jetzt die Weichen stellen müssen.
Doch die Fakten zeigen eine gemischte Lage:
Sorge ist da: 65 % der Millennials haben Angst vor Altersarmut, 68 % glauben nicht, dass die gesetzliche Rente ausreichen wird.
Viele handeln schon: Durchschnittlich legen sie 11,2 % ihres Einkommens für den Ruhestand zurück – mehr als die Generationen vor ihnen. Beliebt sind Fonds, ETFs und flexible Anlageformen.
Aber nicht alle: Ein großer Teil weiß nicht genau, wie viel später nötig sein wird, oder schiebt die Entscheidung auf.
Familien mit reduzierten Einkommen während der Elternzeit wiederum unterschätzen oft, welche Lücken in der Rente dadurch entstehen.
Fünf Euro für einen Cappuccino am Tag geben wir bereitwillig aus, weil der Genuss sofort da ist. 150 Euro im Monat für die Altersvorsorge empfinden wir als Belastung – obwohl es exakt der gleiche Betrag ist. Unser Gehirn liebt das Jetzt. Für das Morgen braucht es bewusste Strategien.
Glücklicherweise gibt es praktische Wege, sich selbst zu überlisten:
Automatisieren: Sparpläne oder Entgeltumwandlung sorgen dafür, dass Vorsorge automatisch passiert, ohne dass man sich jedes Mal neu überwinden muss.
„Pay yourself first“: Überweisen Sie die Sparrate gleich nach Gehaltseingang an sich selbst – was übrigbleibt, darf für Konsum ausgegeben werden.
Kleine Schritte sichtbar machen: Statt „150 Euro im Monat“ können Sie denken: „5 Euro am Tag“ – dieselbe Summe wirkt viel greifbarer.
Zukunft konkret vorstellen: Studien zeigen: Wer sich sein Leben im Alter bildlich vorstellt, trifft bessere Vorsorgeentscheidungen.
Tipp: Entgeltumwandlung
Mit der Bruttoentgeltumwandlung haben Sie nicht nur einen automatisierten Sparplan. Ihre Beiträge werden auch direkt vom Bruttogehalt abgezogen. Steuern und Sozialversicherungsabgaben fallen erst später an; und zwar im Rentenalter. Diese sind dann in der Regel deutlich niedriger als während der Berufstätigkeit.
Altersvorsorge klingt nach Verzicht. In Wahrheit ist es das Gegenteil. Es geht darum, die eigene Zukunft frei und selbstbestimmt gestalten zu können. Finanzielle Sicherheit bedeutet, im Alter nicht abhängig von Grundsicherung zu sein. Vorsorge gibt die Freiheit, nicht länger arbeiten zu müssen, als man möchte. Sie schafft die Möglichkeit, Träume zu verwirklichen, statt jeden Euro zweimal umzudrehen. Oder anders gesagt: Altersvorsorge ist Empathie mit dem eigenen älteren Ich.
Die gesetzliche Rente allein wird den Lebensstandard nicht sichern. Menschen mitten im Berufseben und Jüngere haben heute die Chance, ihre Zukunft zu gestalten. Schon 150 Euro im Monat können über 30 Jahre zu einem beeindruckenden Vorsorgepolster anwachsen. Entscheidend ist, den eigenen Present Bias zu überwinden – und bewusst für das Morgen zu handeln. Denn Altersvorsorge ist kein Luxus. Sie ist die Grundlage für ein Leben in Würde und Freiheit.