Die Corona-Pandemie hat bewirkt, dass wir uns mehr mit unserer eigenen Gesundheit beschäftigen. Selten waren die Themen Fitness und Ernährung, aber auch Gesundheitsvorsorge und die eigene Sterblichkeit so stark im Fokus wie heute. Besonders darüber, durch einen schweren Corona-Verlauf womöglich schnell ins Krankenhaus zu müssen, machen sich viele Gedanken. Aus diesem Grund ist auch das Thema Patientenverfügung aktueller denn je – nicht nur bei betagten Menschen. Braucht man nun dringender eine Patientenverfügung wegen Corona? Und was ist eigentlich der Unterschied zwischen Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht? Wir klären auf.
Gesundheit ist nicht alles, aber…
Ein selbstbestimmtes Leben führen, frei sein, gehen, wohin man will, Entscheidungen nach eigenen Überzeugungen treffen: All das ist nur möglich, wenn wir gesund genug dafür sind. Die Corona-Pandemie hat unser Bewusstsein dafür geschärft, dass wir alle nicht unverwundbar sind. Masken und Social Distancing machen uns Tag für Tag deutlich, wie schnell wir krank werden können. Was passiert, wenn ich plötzlich für längere Zeit ins Krankenhaus muss? Wer entscheidet über mich, wenn ich es selbst nicht mehr kann? Wer kümmert sich um meine Angelegenheiten? Dabei sind nicht nur medizinische Themen und Fragen rund um die Gesundheit betroffen. Auch ganz alltägliche Dinge können dann zu Herausforderungen werden: Rechnungen, Versicherungsangelegenheiten, das Abholen von Päckchen in der Postfiliale. Doch welches Dokument ist für welchen Fall gedacht? Brauche ich eine Vorsorgevollmacht? Brauche ich eine Patientenverfügung?
Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht: Was ist der Unterschied?
Sie möchten Ihren Willen schriftlich fixieren für den Fall, dass Sie Entscheidungen nicht mehr selbst treffen können? Jetzt fragen Sie sich vielleicht: Patientenverfügung, Vorsorgevollmacht und Betreuungsverfügung – was ist der Unterschied?
Eine Patientenverfügung ist Ihre Erklärung für den Fall, dass Sie Ihren Willen gegenüber Ärzten, Pflegekräften oder Einrichtungsträgern nicht äußern können. Sie können mit einer Patientenverfügung bestimmten Heilbehandlungen oder ärztlichen Eingriffen zustimmen oder diese untersagen. Die Patientenverfügung bezieht sich also auf eine medizinische Situation und damit auf ein eher kleines Szenario: Die Patientenverfügung ist für den Fall gedacht, dass Sie zum Beispiel im Koma liegen und nicht mehr selbst entscheiden können, was mit Ihnen passiert.
Viel wahrscheinlicher und häufiger tritt der Fall ein, in dem jemand im Alltag für Sie die Entscheidungen ganz oder teilweise übernehmen muss: Wenn Sie zum Beispiel dement werden oder nach einem Unfall oder Schlaganfall längere Zeit in Ihrer Entscheidungsfähigkeit eingeschränkt sind. Für diesen Fall benötigt man eine Vorsorgevollmacht. Die Vorsorgevollmacht kann sich auf Verträge, einen Platz im Pflegeheim, finanzielle Fragen und andere Bereiche beziehen. Auch persönliche Wünsche können darin formuliert werden.
Drittens gibt es noch die Betreuungsverfügung. Die Betreuungsverfügung ist der Auftrag an ein Gericht, eine von Ihnen ausgesuchte Person zu Ihrem rechtlichen Betreuer zu bestellen, wenn das nötig wird. Die Betreuungsverfügung greift nur, wenn Sie keine Vorsorgevollmacht haben. Achtung: Bei einer Vorsorgevollmacht kann die Person Ihres Vertrauens sofort für Sie handeln. Bei einer Betreuungsverfügung schlagen Sie dem Gericht Ihren gewünschten rechtlichen Betreuer vor. Dieser Betreuer wird dann zunächst vom Gericht geprüft und auch überwacht.
Vorsorgevollmacht wichtiger als die Patientenverfügung?
Wer glaubt, im Falle eines Falles regeln automatisch die eigenen Angehörigen alles, der irrt. Wenn Sie selbst nicht mehr entscheiden können, dann bestimmt das Amtsgericht über Ihre Angelegenheiten. Das Amtsgericht kann jemanden aus Ihrer Familie als Entscheider einsetzen, aber auch eine fremde Person. Dabei sollte man auch im Hinterkopf behalten, dass es nicht nur um die akute Situation im Krankenhaus geht. Bei nicht wenigen beträgt die Zeit, in der sie auf Betreuung angewiesen sind, ein Fünftel der gesamten Lebenszeit – zum Beispiel die Zeit zwischen dem 70. und 90. Lebensjahr. Mit einer Vorsorgevollmacht bestimmen Sie, wer Ihre Betreuung übernimmt.
Darüber hinaus hilft die Vorsorgevollmacht nicht nur Ihnen selbst. Sie ist auch eine große Unterstützung für Ihre Angehörigen: Wenn jemand zum Beispiel durch einen Unfall oder einen Schlaganfall nicht mehr sagen kann, was er möchte, steht die Familie in aller Regel unter Schock. Hier kann es eine enorme Entlastung sein, wenn eine Vorsorgevollmacht alles genau erklärt. Wer soll entscheiden? Welche Entscheidung wäre Ihnen recht? Klare und eindeutige Aussagen sind dabei das Wichtigste.
Wer braucht eine Patientenverfügung?
Die Patientenverfügung ist hilfreich, wenn ein sehr schwerer Krankheitsverlauf absehbar ist mit wenig Aussicht auf Heilung oder mit schwerwiegendem Verlauf. Wer eine Patientenverfügung aufsetzen will, sollte mit einem Arzt sprechen. Bei der Patientenverfügung geht es um medizinische Entscheidungen, die für den Laien oft außerhalb der eigenen Kompetenz liegen.
Der behandelnde Arzt kann übrigens nicht durch eine Patientenverfügung dazu gezwungen werden, etwas zu tun, was gegen geltendes Recht verstößt. Der Arzt wird in einer akut lebensgefährlichen Situation immer zunächst versuchen, Ihr Leben zu retten. Das ist nicht nur seine Pflicht, sondern wäre sonst womöglich auch unterlassene Hilfeleistung. Beachten Sie: Keine Patientenverfügung kann alle Möglichkeiten und medizinischen Entwicklungen vorhersagen. Entscheiden Sie lieber, wer in einer solchen Situation für Sie entscheiden soll. Und verbinden Sie am besten Ihre Patientenverfügung mit der Vorsorgevollmacht.
Natürlich hofft jeder, bis ins hohe Alter gesund und selbstständig leben zu können. Doch nicht immer ist das möglich. Wenn man selbst pflegebedürftig wird, möchte man in aller Regel niemandem zur Last fallen – schon gar nicht der eigenen Familie. Das klappt jedoch nur, wenn man sich rechtzeitig mit dem Thema beschäftigt und für den Ernstfall vorsorgt. Lesen Sie dazu auch:
Jeder Zweite wird zum Pflegefall: Diese Dinge sollten Sie vorher wissen.
Beatmung und Covid-19: Muss ich meine Patientenverfügung wegen Corona ändern?
Seit Beginn der Covid-19-Ausbreitung wirft vor allem ein Punkt Fragen auf, der häufig in Patientenverfügungen genannt wird: Das Thema künstliche Beatmung. Es ist üblich, in die Patientenverfügung eine Formulierung aufzunehmen wie: „Ich wünsche keine lebensverlängernden Maßnahmen“. Als lebensverlängernd gelten die künstliche Ernährung, die künstliche Flüssigkeitszufuhr, die Dialyse und eben die künstliche Beatmung. Inzwischen wissen wir, dass bei vielen Covid-19-Fällen auch beatmet werden muss. Muss man also seine Patientenverfügung wegen Corona ändern?
Dafür ist es wichtig zu wissen, dass nicht jede Beatmung als lebensverlängernde Maßnahme gilt. Corona-Patienten können in den meisten Fällen nach einer Weile wieder von der Beatmung entwöhnt werden und erholen sich in der Regel wieder. Außerdem sind auch die Menschen, die mit einem schweren Corona-Verlauf ins Krankenhaus müssen, zumeist ansprechbar und können ihre Wünsche äußern. Für diesen Fall greift also die Patientenverfügung nicht. Sie bezieht sich auf eine unmittelbare Sterbephase oder das Endstadium einer unheilbaren Krankheit. Wer auf Nummer sicher gehen möchte, kann seiner Patientenverfügung eine Art Ergänzung für den Corona-Fall beifügen. Eine Beatmung als Teil der Behandlung wir Ihnen aber durch die Patientenverfügung auf jeden Fall nicht verwehrt.
Die Patientenverfügung: Was ist wichtig zu wissen?
-
Die Patientenverfügung muss schriftlich fixiert werden.
-
Die Patientenverfügung ist ein Dokument für einen medizinischen Fall und sollte mit einem Arzt besprochen werden, zum Beispiel mit Ihrem Hausarzt.
-
Eine vorgeschriebene Form für die Patientenverfügung gibt es nicht.
-
Ihre Patientenverfügung kann jederzeit von Ihnen formlos widerrufen oder geändert werden.
-
Eine Vorsorgevollmacht umfasst mehr Bereiche als eine Patientenverfügung.
-
Die Patientenverfügung sollte der Vorsorgevollmacht beigefügt werden.
-
Für das Aufsetzen einer Vorsorgevollmacht sollte eine Beratung in Anspruch genommen werden, zum Beispiel von einem Notar.
-
Einmal im Jahr sollten Sie beide Dokumente überprüfen und falls nötig aktualisieren.
Fazit.
Jeder, der das 18. Lebensjahr erreicht hat, kann seine Wünsche schriftlich fixieren für den Fall, dass er sie selbst nicht mehr äußern kann. Für medizinische Fragestellungen erfolgt das in der Patientenverfügung. Für darüber hinaus gehende Anweisungen, wer wie für Sie entscheiden soll, setzen Sie eine Vorsorgevollmacht auf. Corona kann ein Anlass sein, sich bewusst zu machen, dass unsere Gesundheit unser höchstes Gut ist und wir es trotz aller Vorsicht nicht immer bewahren können. Wir empfehlen Ihnen: Nehmen Sie sich die Zeit, Ihre Angelegenheiten in Ruhe zu regeln, aber schieben Sie es nicht zu lange vor sich her. Das Durchdenken möglicher Szenarien und das Formulieren der eigenen Wünsche können auch in der Familie offene Fragen klären und für mehr Sicherheit uns Klarheit bei allen Familienmitgliedern sorgen.